Katrin Werner, DIE LINKE: Familienministerin stellt sich nicht den großen Herausforderungen

Rede: Familienministerin stellt sich nicht den großen Herausforderungen

PM Katrin WernerPM Kinder, Jugend und FrauenPM Sozialpolitik

Der große Wurf zur Verbesserung der Situation von Familien, zur Bekämpfung von Kinderarmut und zur Verteidigung der Demokratie bleibt auch im Haushalt des Familienministeriums für 2020 aus. In vielen Bereichen mussten sich Verbände und Initiativen, die sich für die Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus engagieren, sogar gegen drastische Kürzungen wehren. Das Schlimmste konnte verhindert werden. Von einem Aufbruch kann aber keine Rede sein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der große Wurf zur Verbesserung der Situation von Familien und zur Bekämpfung von Kinderarmut bleibt leider auch in diesem Jahr aus. Stattdessen mussten sich die Verbände und Initiativen sogar gegen drastische Mittelkürzungen in verschiedenen Bereichen wehren; das wurde hier mehrfach erwähnt. Das Schlimmste konnte verhindert werden; aber von einem Aufbruch kann eben keine Rede sein.

Es ist gut, dass der Etat vom Familienministerium auf etwa 12 Milliarden Euro gewachsen ist. Das ist mehr als im letzten Jahr.

(Zuruf von der SPD: Viel Geld!)

Aber wissen Sie: Der Verteidigungshaushalt umfasst circa 45 Milliarden Euro. Das ist fast das Vierfache, und es ist auch da ein Höchstwert. Wir Linke finden, es hätte viel mehr Geld bedurft für Familien und Kinder.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist auch gut, dass die Mittel für das Elterngeld erhöht wurden; aber das reicht eben nicht. Gerade Familien mit geringem oder ohne Einkommen profitieren nicht davon. Seit der Einführung des Elterngeldes 2007 ist der Mindestbetrag nicht mehr erhöht worden. Seit 13 Jahren liegt er unverändert bei 300 Euro pro Monat. Doch seitdem sind die Preise gestiegen. Eine Erhöhung des Mindestsatzes beim Elterngeld und eine Dynamisierung mit der Inflationsrate sind längst überfällig.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das wäre gerecht und würde Familien, die es benötigen, spürbar entlasten.

Leider wird auch dieser Haushalt nichts Grundsätzliches am wachsenden Problem der Kinderarmut in Deutschland ändern. 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche sind von Armut bedroht, wie das Statistische Bundesamt letzte Woche mitteilte. Der Deutsche Kinderschutzbund spricht sogar von 4 Millionen Kindern. Besonders betroffen sind Alleinerziehende. Es ist an der Zeit, dass endlich alle Kinder in Deutschland wirksam vor Armut geschützt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen endlich die Kindergrundsicherung. Ein erster Schritt, Frau Giffey, wäre eine deutliche Anhebung des Kindergeldes auf 328 Euro. Sorgen Sie dafür, dass dieses Geld bei den Kindern ankommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Es fließt kein einziger Euro mehr in das Programm „Demokratie leben!“ – das wurde schon angesprochen; gerade in der heutigen Zeit wäre das wichtig – und damit kein einziger Euro mehr für Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und für Demokratie und Vielfalt einsetzen.

(Martin Reichardt [AfD]: Schämen Sie sich nicht, von Demokratie zu reden?)

Mein Kollege Michael Leutert hat das schon ausführlich thematisiert. Vielleicht eines noch dazu: Wir brauchen mehr Unterstützung für Demokratieprojekte. Wir brauchen mehr Geld, Frau Giffey. Natürlich brauchen wir ein sinnvolles Demokratiefördergesetz; aber man darf sich dahinter nicht verstecken.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wenn nun die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes um ihre Existenz kämpfen muss, wenn Überlebende der Shoah für ihre Organisation kämpfen müssen, dann ist das, ehrlich gesagt, eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Reden Sie endlich mit Finanzminister Scholz. Es muss dringend eine Änderung des Gemeinnützigkeitsrechtes geben. Wenn Antifaschismus nicht gemeinnützig ist, was dann?

(Beifall bei der LINKEN)

Und wie es die Tage schon geschrieben wurde: Das Haus brennt, und Sie sperren die Feuerwehr aus. – Ändern Sie endlich etwas daran.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Bereich Bürgerschaftliches Engagement mussten Verbände und Initiativen kämpfen.

(Martin Reichardt [AfD]: Das ist ja schlimm, dass in diesem Haus Werbung für linke Schläger gemacht werden darf!)

Frau Giffey, es war wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Jedes Jahr stehen Verbände bei uns auf der Matte, um bereits getätigte Kürzungen zu verhindern. Der Haushaltsausschuss nimmt diese Kürzungen dann zurück, und Freiwilligendienste können wieder auf Gelder auf dem Niveau von 2019 zurückgreifen. Programme wie „Menschen stärken Menschen“ sind gerettet. Aber, Frau Giffey, ganz ehrlich, es ist auch Anerkennung und Unterstützung, wenn man ihnen keine Steine in den Weg legt und es ihnen erspart, sich jedes Mal gegen diese Mittelkürzungen einzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Abschluss. Natürlich freuen wir uns, dass Sie mehr Mittel für Koordinierungs- und Monitoringmaßnahmen zur Verfügung stellen, um die Istanbul-Konvention umzusetzen. Es gibt gute Ansätze in dem Haushalt; aber die Maßnahmen bei den großen Themen wie der Bekämpfung von Familienarmut und für Demokratie reichen uns nicht aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)