Kinderzwangsarbeit bekämpfen

Katrin Werner, Protokollrede Deutscher Bundestag

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Laut Internationaler Arbeitsorganisation, ILO, müssen aktuell weltweit ca. 215 Millionen Kinder arbeiten. Davon werden rund 115 Millionen Kinder unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet. Die wichtigste Ursache ist Massenarmut. Kinder arbeiten überall dort, wo die Eltern bitterarm sind.

Die Kinder schuften in Steinbrüchen, auf Plantagen, in der Sexindustrie oder in Privathaushalten. Laut UNICEF bekommen vier von fünf Kindern für ihre Arbeit keinen Lohn.

So hat vor ca. 2 Wochen in Usbekistan die diesjährige Baumwollernte begonnen. Usbekistan ist der fünftgrößte Exporteur von Baumwolle weltweit. Die ILO schätzt, dass während der Erntezeit bis zu 1 Million Jungen und Mädchen gezwungen werden, auf den Baumwollfeldern zu arbeiten.

Ein zweites Beispiel: SPIEGEL Online berichtete am 2.9.2012, dass in chinesischen Fabriken des Elektrokonzerns Samsung systematisch Kinderarbeit stattfände. Zwischen Fabriken und Schulen würden sogar offizielle „Arbeitsverträge“ abgeschlossen werden.

DIE LINKE sagt: Kinderzwangsarbeit ist moderne Sklaverei und gehört abgeschafft!

Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung reichen nicht aus. Es handelt sich auch nicht nur um ein Problem von fernen Ländern. So verschleppen zum Beispiel skrupellose Menschenfänger im großen Stil minderjährige Mädchen und junge Frauen aus Moldau in die EU und nach Deutschland, wo sie als Sexsklavinnen in Bordellen arbeiten müssen. Aber auch bei alltäglichen Produkten profitieren wir als Konsumenten von Kinderzwangsarbeit. So stammen ca. zwei Drittel aller Grabsteine auf deutschen Friedhöfen ursprünglich aus Indien. Auch zahlreiche Importprodukte für den Eigenheimbau, wie Natursteine für Terrassen und Fensterplatten aus Marmor, werden nachweislich durch Kinderzwangsarbeit gewonnen. Diese Produkte finden den Weg in unsere Geschäfte, weil wir uns daran gewöhnt haben, nach dem Prinzip von „Geiz ist geil“ einzukaufen. Das preisgünstigste Produkt ist jedoch meist auch dasjenige, das zu den niedrigsten sozialen und ökologischen Standards hergestellt wurde. Das muss sich ändern!

Solange können wir aber nicht warten. Im Interesse dieser Kinder muss jetzt gehandelt werden: Wir brauchen ein gesetzliches, möglichst EU-weites Verbot für die Einfuhr, den Handel und die Verwendung von Produkten aus Kinderzwangsarbeit! Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch Bund, Länder und Kommunen muss öffentlich werden, ob die ILO-Konventionen gegen Kinderarbeit im Herkunftsland und in der Handelskette lückenlos eingehalten werden.

Die sozialen Ursachen für Kinderarbeit müssen in den Herkunftsländern bekämpft werden. Der Großteil dieser Produkte wird für die eigene Binnenwirtschaft hergestellt. Brasilien und Mexiko haben gezeigt, wie dies gelingen kann: durch Armutsbekämpfung und Förderung der Schul- und Berufsausbildung. Arme Familien erhalten zusätzliche Sozialleistungen, wenn die Kinder Schulen besuchen. Das Beispiel sollte Schule machen und dafür muss sich Deutschland in der Entwicklungszusammenarbeit einsetzen.

Leider hat Deutschland seine internationale Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, bis heute nicht erfüllt. Unter Rot-grün waren es 0,28 Prozent und unter Schwarz-gelb sind es auch nur 0,4 Prozent. Das zeigt: Weder Rot-grün, noch Schwarz-gelb haben ein Herz für arme Kinder!

DIE LINKE sagt: Dafür müssen sie sich wirklich schämen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

unser Antrag verfolgt einen doppelten Ansatz: Marktzugangssperren für Produkte aus Kinderzwangsarbeit bei uns und gleichzeitige Bekämpfung der Ursachen von Kinderarbeit in den Herkunftsländern. Beides ist wichtig, um den Profiteuren von Kinderzwangsarbeit das Handwerk zu legen und den betroffenen Familien Auswege aus der Armut aufzuzeigen.

Obwohl auch die SPD dies in einem Antrag fordert, will sie sich laut Beschlussempfehlung bei unserem Antrag enthalten. Wenn die SPD in der Sache entscheiden würde, dann müsste sie wie die Grünen unserem Antrag zustimmen. Darum geht es aber nicht: In der Opposition blinken die Sozialdemokraten zwar gern links, wenn es darauf ankommt, biegen sie jedoch rechts ab. Sie wollen sich damit heute schon als Juniorpartner in einer künftigen Großen Koalition nach der nächsten Bundestagswahl andienen. Das spricht Bände!

Der weltweite Schutz der Kinderrechte muss Vorrang haben vor den Profitinteressen von Unternehmen. Darüber muss über die Fraktionsgrenzen hinweg Einigkeit bestehen. Im Interesse der Kinder lehnen wir daher die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses ab und appellieren an Sie, unserem Antrag doch noch zuzustimmen. Kinder sind unsere Zukunft und brauchen unseren Schutz! Vielen Dank.