Elterngeld: Ärmere Familien werden benachteiligt

PM Katrin WernerPM Kinder, Jugend und FrauenPM Sozialpolitik

Wir haben einen Reformstau beim Elterngeld, der zu einer Benachteiligung von ärmeren Familien führt. Mehr als jede vierte Frau bekommt nur den Mindestbetrag beim Elterngeld, der wurde seit der Einführung 2007 nicht erhöht und wird jedes Jahr ein Stückchen mehr von der Inflation aufgefressen. Allein um diese Entwicklung auszugleichen, muss der Mindestbetrag beim Elterngeld von 300 € auf 354 € und beim Elterngeld Plus von 150 € auf 177 € aufgestockt werden. Außerdem braucht es eine jährliche Anpassung des Mindestbetrags an die Inflation, um diese unsoziale Entwicklung zu beenden.

Das geht aus einer Kleinen Anfrage hervor, die die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag an die Bundesregierung gestellt hat und über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.

Zudem geht die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in der Familie  mit dem Elterngeld nur im Schneckentempo voran. Die allermeisten Väter nehmen lediglich zwei Monate Elterngeld in Anspruch und das hat sich in den vergangenen fünf Jahren kaum geändert. Insgesamt nehmen Männer deutlich kürzer Elterngeld in Anspruch und auch das hat sich in den vergangenen Jahren trotz der Einführung von Elterngeld Plus kaum geändert. Viele Paare wünschen sich eine partnerschaftlichere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit und dies könnte mit dem Elterngeld deutlich besser gefördert werden. Dazu braucht es zwölf Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil und zwar nicht übertragbar. Für Alleinerziehende müssen es entsprechend 24 Monate sein.

Ergebnisse im Einzelnen

Im Jahr 2020 haben 28,7 Prozent aller leistungsbeziehenden Frauen lediglich den Mindestbetrag des Elterngeldes erhalten. 23,3 Prozent erhielten den Mindestbetrag beim Basiselterngeld, der 300 Euro beträgt und 5,4 Prozent den Mindestbetrag des Elterngeld Plus von 150 Euro. Insgesamt haben 1.398.858 Frauen 2020 Elterngeld bezogen, davon haben 401.713 lediglich den Mindestbetrag erhalten.

Unter den Männern sind es 8,8 Prozent, die lediglich den Mindestbetrag erhalten. 6,7 Prozent erhielten den Mindestbetrag des Basiselterngeldes und zwei Prozent den Mindestbetrag des Elterngeld Plus. Insgesamt haben 462.300 Männer Elterngeld bezogen, davon 40.456 lediglich den Mindestbetrag.

In den Ländern Bremen (45,9 Prozent), Saarland (35,8 Prozent) und NRW (33,3 Prozent) ist der Anteil von Frauen, die lediglich den Mindestbetrag des Elterngeldes bezogen haben, am höchsten. In den Ländern Sachsen (20,3 Prozent), Brandenburg (21,8 Prozent) und Thüringen (22,7 Prozent) ist der Anteil von Frauen am niedrigsten. 

Inflationsausgleich: Mindestbetrag müsste um 54 Euro angehoben werden

Der Mindestbetrag beim Elterngeld, den Eltern ohne oder mit geringem Einkommen erhalten, ist seit der Einführung des Elterngelds 2007 nicht erhöht worden. Er liegt seither unverändert bei 300 Euro und beim Elterngeld Plus bei 150 Euro im Monat. Im Bundeselterngeld- und Elterngeldzeitgesetz (BEEG) ist keine Dynamisierung im Sinne einer Anpassung der Elterngeldhöhe an den allgemeinen Verbraucherindex vorgesehen.

Der allgemeine Verbraucherpreisindex ist von 2007 bis 2020 um 18,1 Prozent gestiegen. Um die Inflationsentwicklung auszugleichen, müsste der Mindestbetrag des Basiselterngeldes demnach um etwa 54 Euro auf 354 Euro und der Mindestbetrag des Elterngeld Plus um etwa 27 Euro auf 177 Euro angehoben werden.

Die Zahl der Männer, die lediglich zwei Monate Elterngeld planen, sinkt nur langsam, ebenso die Unterschiede in der durchschnittlichen Bezugsdauer zwischen Geschlechtern.

2020 haben 72,2 Prozent aller leistungsbeziehenden Väter lediglich zwei Monate Elterngeld bezogen. 2015 lag der Anteil bei 76,6 Prozent und ist somit trotz der Einführung des Elterngeld Plus nur geringfügig zurückgegangen. 

Durchschnittlich planten Väter im Jahr 2020 3,7 Monate Elterngeldbezug. Im Jahr 2015 waren es 3,3 Monate. Auch hier gab es trotz der Einführung von Elterngeld Plus kaum eine Verbesserung. Frauen planten hingegen im Jahr 2020 durchschnittlich 14,5 Monate. Im Jahr 2015 waren es noch 11,7.

Männer bezogen 2020 Elterngeld am längsten in den Ländern Bremen (5,4 Monate), Berlin (4,9 Monate) und NRW (4,3) Monate. Am kürzesten bezogen es Männer in den Ländern Bayern (3,1 Monate), Baden-Württemberg (3,1 Monate) und Thüringen (3,1 Monate).