Präsidentschaftswahlen in Armenien: Verpasste Chance für die Demokratie

Katrin Werner, MdB

„Leider hat die politische Führung Armeniens die demokratische Bewährungsprobe gescheut“, konstatiert Katrin Werner, Mitglied des Menschenrechtsausschusses und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, anlässlich des Wahlsiegs von Amtsinhaber Sersch Sargsjan. Werner weiter:

 

„Der Wahlsieg des Amtsinhabers kam nicht unerwartet. Ernsthafte Konkurrenten um das Präsidentenamt waren nicht vorhanden, da die drei wichtigsten parlamentarischen Oppositionsparteien die Wahl boykottiert hatten. Auch die nur außerparlamentarisch vorhandene und zersplitterte Linke hatte weder eigene Kandidaten aufgestellt noch ihre Wählerschaft zur Stimmabgabe zugunsten eines der Bewerber aufgerufen.

 

Trotz fehlender Konkurrenz wurden die Wahlen laut Presse- und Medienberichten erneut in erheblichem Umfang manipuliert. Der nachweislich positive Trend bei der Presse- und Meinungsfreiheit hätte zusammen mit höheren demokratischen Wahlstandards neue Schubkraft für die Gesamtentwicklung der Demokratie in Armenien geben können. Diese Chance blieb leider ungenutzt. Die Manipulationsvorwürfe müssen daher vollumfänglich aufgeklärt werden und insbesondere darf es keine gewaltsame Eskalation mit Toten und Schwerverletzten und keine staatliche Repressionen mit Massenfestnahmen wie vor fünf Jahren geben.

 

Auf den alten wie neuen Präsidenten Armeniens warten zudem ohnehin riesige Herausforderungen: Die wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung ist verheerend und das Land ist außenpolitisch weitgehend isoliert. Der Grund hierfür ist der ungelöste Konflikt mit dem Nachbarn Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach. Beide Konfliktparteien müssen mehr Kompromissbereitschaft für die Beilegung des langjährigen Konflikts aufbringen und sich auf vertrauensbildende Maßnahmen verständigen. Beide Seiten müssen ihre militärischen Drohgebärden unterlassen und Armenien sollte ebenfalls auf die provokative Inbetriebnahme eines Flughafens in dem von ihm besetzten Gebiet verzichten.“