Katrin Werner, DIE LINKE: Rechte von Arbeitnehmer*innen mit Kind stärken

Rede: Rechte von Arbeitnehmer*innen mit Kind stärken

PM Katrin WernerPM Kinder, Jugend und FrauenPM Sozialpolitik

Die Arbeit sollte sich dem Leben und den Bedürfnissen der Familien anpassen und nicht umgekehrt. Deshalb wollen wir die Rechte der Arbeitnehmer*innen im Falle von Krankheit der Kinder stärken und die Arbeitgeber*innen stärker bei der Lohnfortzahlung mit einbeziehen. Und zwar auch, wenn die Pandemie vorbei sein wird.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Eltern kennen das: Unsere Kinder werden öfter krank. Sie haben mal Husten, mal Schnupfen; sie haben Fieber, leiden unter Übelkeit und vieles mehr – und das meist nicht nur einmal im Jahr.

Für Familien bedeutet das dann: umplanen und die Woche neu organisieren. Wer betreut das Kind? Oft müssen Eltern zu Hause bleiben und können nicht zur Arbeit gehen. Nur die wenigsten Großeltern leben in der Nachbarschaft, und in Pandemiezeiten ist die Betreuung durch Großeltern sowieso schwierig.

Wie wir alle wissen, ist die rechtliche Lage kompliziert und undurchsichtig. Einen sicheren Anspruch auf Freistellung und Lohnfortzahlung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber gibt es nicht. Durch die gesetzliche Krankenkasse gibt es zwar einen Anspruch auf Kinderkrankentage und Lohnentschädigung, doch dieser ist zeitlich begrenzt. Die 10 Tage pro Versicherten, bei Alleinerziehenden 20 Tage, sind schnell aufgebraucht. Da hilft auch die coronabedingte Erhöhung auf 15 Tage bzw. 30 Tage in diesem Jahr nicht viel weiter.

Die Situation ist durch Corona besonders angespannt. Jetzt kommen wir auch noch in die Erkältungszeit hinein. Viele Eltern schauen mit Bangen in die Zukunft; denn die Zahl der Kinderkrankentage ist knapp bemessen. Jetzt muss endlich gehandelt werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Coronakrise stellt Familien vor große Probleme. Grundlegende Reformen, eine Vereinfachung der rechtlichen Situation und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen jetzt her. Die Arbeit muss sich dem Leben und den Bedürfnissen der Familien anpassen, nicht umgekehrt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen daher gestärkt werden. Die Arbeitgeber müssen bei der Lohnfortzahlung stärker einbezogen werden, und zwar auch dann, wenn die Pandemie wieder vorbei ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke will, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für jede Erkrankung ihrer Kinder und für die gesamte Dauer der Erkrankung von der Arbeit freigestellt werden. Außerdem wollen wir für alle einen Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber für eine Woche einführen.

Im Falle von schweren Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium, bei palliativen Behandlungen oder bei einer begrenzten Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten soll es einen Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber von sechs Wochen geben. Läuft der Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber aus, muss die gesetzliche Krankenkasse einspringen, und zwar für die gesamte Dauer der Erkrankung des Kindes.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb fordern wir, die Beschränkung der Zahl der Kinderkrankentage aufzuheben.

In der anschließenden Debatte werden Sie wahrscheinlich das Argument bringen, dass die von uns vorgeschlagenen Regeln eine Diskriminierung von Eltern auf dem Arbeitsmarkt zusätzlich befördern würden. Dazu muss ich Ihnen sagen: Das geht völlig an der Realität vorbei; denn schon seit Jahren gibt es auf dem Arbeitsmarkt eine Diskriminierung von Eltern, Frauen sowie von alleinerziehenden Müttern und Vätern.

Wer sich dagegenstemmen will, der braucht eine klare Antidiskriminierungspolitik. Wir wissen, dass es für junge Menschen heute schwierig ist, eine Familie zu planen, wenn sie statt einer Festanstellung nur einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen. Wir wissen auch, dass es im Verkauf schon immer schwierig war und bis heute ist. Das heißt, eine solche Diskriminierung gibt es auch heute schon.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen ein Verbandsklagerecht und eine Ergänzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, wonach eine Diskriminierung aufgrund Elternseins ausgeschlossen ist. Das konnte man kürzlich auch in einem Beitrag der „Süddeutschen Zeitung“ lesen. Vielleicht lesen Sie alle mal diesen Beitrag, und dann kommen wir in eine konstruktive Diskussion.

Eine gezielte Unterstützung und Förderung von besonders familienfreundlichen Unternehmen ist ebenfalls notwendig. Es gibt viele gute Beispiele von familienfreundlichen Arbeitgebern. Diese müssen gefördert und gestärkt werden. Bis zum Erreichen einer familienfreundlichen Kultur im Arbeitsleben muss sich noch viel ändern. Die Stärkung der Rechte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mit Kindern wäre hier ein guter Anfang.

(Beifall bei der LINKEN)