Gewährleistung des Rechts von kranken Kindern und Kindern mit Behinderungen auf Bildung

Katrin Werner, Parlamentarische Versammlung des Europarates
Behindertenpolitik Katrin Werner

 

Zuallererst möchte ich mich im Namen meiner Gruppe der Vereinigten Europäischen Linken beim Berichterstatter Pieter Omtzigt für einen interessanten Bericht bedanken, der deutlich macht, dass fehlende elterliche Fürsorge für Kinder durchaus auch ein europäisches Problem darstellt.

Die Europäische Linke erkennt die Gefahren an, denen sich Kinder in Zeiten der Globalisierung ausgesetzt sehen, wie etwa von den eigenen Eltern Zurückgelassen zu werden, dem Kinderhandel zum Opfer zu fallen oder auf der Straße leben zu müssen.

All diese Risiken haben oft eine Wurzel: Armut. Wer über Kinder ohne elterliche Fürsorge spricht, darf das Problem der Kinder- und Familienarmut nicht unerwähnt lassen. Für Familien ist beispielsweise in Deutschland das Armutsrisiko in den letzten Jahren rasant gestiegen. Waren es 1970 noch sieben Prozent aller Familien, die von Armut bedroht waren, lag der Anteil 2008 schon bei 13 Prozent. 2,5 Millionen arme Kinder leben in der Bundesrepublik. Wir teilen die Auffassung, dass Kinder unter normalen Umständen am besten in der ursprünglichen Familie aufgehoben sind. Dazu gehört aber auch, mit einer gerechten, kinder- und familienfreundlichen Politik präventiv zu arbeiten – bevor die Kinder allein gelassen werden.

Hier ist der Staat gefragt. Ohnehin darf der im vorliegenden Entwurf gepriesene Weg weg von der Kinderbetreuung in Institutionen keinen Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung bedeuten. Für viele Kinder, insbesondere im jungendlichen Alter, Kinder, die auf der Straße gelebt haben, sind Pflegefamilien nicht der für sie richtige Ort zum Leben. Für sie braucht es Angebote wie zum Beispiel betreutes Wohnen, die auskömmlich finanziert sein müssen. Staatliche, auch institutionelle, Angebote müssen bestehen bleiben, wo Kinder in Not sind.

Im Entwurf der Entschließung bleibt das Schicksal von Flüchtlingskindern unerwähnt. Jährlich werden beispielsweise aus Deutschland Hunderte Minderjähriger ohne Begleitung in ihre Heimatländer abgeschoben – was aus ihnen wird, interessiert die Abschieber nicht.

Die massenhafte Abschiebung von Roma ist ein anderes Beispiel. 75 Prozent der abgeschobenen Roma-Kinder besuchen nach der Abschiebung nie wieder eine Schule. Sie und ihre Familien werden Armut und sozialer Ausgrenzung überlassen. Dass dies Kinderhandel und Kinderarmut Tür und Tor öffnet, liegt auf der Hand.

Elterliche Fürsorge braucht soziale Sicherheit. Wer sich um das Wohl von Kindern bemüht, muss für angemessene Betreuungsangebote sorgen, aber eben auch für eine humane Familien-, Sozial- und Ausländerpolitik. Nur so schaffen wir ein Europa für Kinder und mit Kindern.