Sommertour 2020 durch Rheinland-Pfalz (17.-21.08.2020)
Wie in den vergangenen Jahren nutzte DIE LINKE Rheinland-Pfalz die parlamentarische Sommerpause, um mit Menschen und Organisationen im Bundesland ins Gespräch zu kommen. Die Sommertour ist eine Gemeinschaftsinitiative des Landesverbandes RLP und des in Mainz ansässigen Europabüros DER LINKEN. Katrin Werner, Mitglied des Bundestages und Landesvorsitzende der LINKEN, und Cornelia Ernst, Mitglied des Europaparlaments, besuchten Mainz, Frankenthal, Marienthal, Altenkirchen, Koblenz, Trier und Kaiserslautern. Neben Gesprächen mit zahlreichen engagierten Bürger*innen, Gewerkschaften und Initiativen trafen sie auch die Kandidat*innen der LINKEN zur Landtagswahl 2021.
Montag: Mainz AK Asyl – Flüchtlingsrat RLP
Am Montag, den 17.08.2020, startete die Tour in der Landeshauptstadt Mainz. Schon der erste Termin zeigte, wie wichtig Netzwerk- und Bündnisarbeit, aber auch der gemeinsame Austausch ist. Cornelia Ernst und Katrin Werner besuchten den AK Asyl - Flüchtlingsrat RLP. Der Flüchtlingsrat vernetzt Akteur*innen, die im Bereich von Flucht, Asyl und Migration arbeiten. Er bildet haupt- und ehrenamtlich Aktive weiter und setzt sich für die Anliegen von Geflüchteten ein.
Aktuell beschäftigt den Flüchtlingsrat die Situation in Griechenland. Dort ist die Lage weiterhin katastrophal. In Moria, wo Kapazitäten für 3.000 Menschen bestehen, leben 14.000 bis 17.000 Menschen. Die türkische Regierung hat die „Rücknahme“ von Geflüchteten ausgesetzt, offiziell aufgrund der Covid-19-Pandemie. Der Flüchtlingsrat tritt für ein Landesaufnahmeprogramm ein.
Länder und Kommunen signalisieren ihre Aufnahmebereitschaft. So haben sich die Länder zur Aufnahme von 2.100 Menschen aus den griechischen Lagern bereiterklärt. Rheinland-Pfalz hat im Rahmen des Aufnahmeprogramms des Bundes am 27. Juli 16 Personen aus Afghanistan aufgenommen. 50 weitere sollen folgen. Im Land haben sich unter anderem Koblenz, Mainz, Trier, Ingelheim, Ludwigshafen, Kaiserslautern, Landau und Bingen zu Sicheren Häfen erklärt.
Allerdings will das Bundesinnenministerium lediglich 243 kranke Kinder mit Angehörigen aufnehmen, was knapp 1.000 Menschen bundesweit sind. Die Zuständigkeit für die Aufnahme geflüchteter Menschen liegt beim Bundesinnenministerium. Horst Seehofer blockiert die Landesaufnahmeprogramme. Thüringen und Berlin hat er die Aufnahme über die jeweiligen Landesaufnahmeprogramme verboten.
Diese Haltung ist schlicht inhuman. Menschen bleiben in überfüllten Lagern, wo kaum eine Gesundheitsversorgung existiert. Darum unterstütz DIE LINKE die Forderungen des Flüchtlingsrates: Einrichtung eines Landesaufnahmeprogramms in Rheinland-Pfalz! Aufklärung und Bekämpfung von institutionellem Rassismus! Abschiebeknast in Ingelheim schließen!
Zur Petition für ein Landesaufnahmeprogramm
https://fluechtlingsrat-rlp.de/
Mainzer Tafel
Nach dem Besuch beim Flüchtlingsrat ging es weiter zum Mainzer Tafel e. V. Die Tafel verteilt seit 2001 Lebensmittel an Bedürftige. Rund 150 Freiwillige leisten pro Woche 1.000 Stunden Arbeit und verteilen 6 bis 8 Tonnen Lebensmittel. Durch die Pandemie wurde die Arbeit in Mainz, aber auch bei vielen anderen Tafeln, massiv eingeschränkt. Viele der ehrenamtlich engagierten Bürger*innen, die in der Lebensmittelausgabe arbeiten, gehören zur Risikogruppe. Um sie zu schützen wurde zeitweise knapp die Hälfte der 949 Tafeln bundesweit geschlossen. Auch in Mainz konnte die Ausgabestelle von Mitte März bis zum 26. Mai nicht arbeiten. Seither erfolgt die Ausgabe eingeschränkt. Alle 14 Tage werden nun vorgepackte Lebensmittelgebinde ausgegeben, um eine Gefährdung der Kund*innen und der Mitarbeiter*innen der Tafel zu vermeiden.
Die Tafeln leisten eine wichtige Arbeit um Menschen in Armut zu helfen. Das große Engagement ist unverzichtbar. Allerdings ist der Staat in der Pflicht, die sozialen Sicherungssysteme zu stärken. Es kann nicht sein, dass Menschen auf Almosen angewiesen sind, um zu überleben. Renten, Löhne und Sozialleistungen müssen armutsfest sein. Darum fordert DIE LINKE eine gesetzliche Mindestrente von 1.050 € und einen Mindestlohn von 12 € pro Stunde. In der Pandemie hat DIE LINKE einen Zuschlag von 200 € auf alle Sozialleistungen gefordert, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten und den Wegfall lebenswichtiger Unterstützungs- und Hilfsangebote auszugleichen. Diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren verdienen auch mehr Anerkennung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement müssen verbessert werden.
Dienstag: Frankenthal
Am Dienstag ging die Sommertour in Frankenthal weiter. Mit unserem Spitzenkandidaten zur Landtagswahl Rheinland-Pfalz David Schwarzendahl waren wir mit einem Infostand in der Stadt vertreten. Auch unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln kamen wir mit vielen Bürger*innen ins Gespräch.
Tom-Mutters-Schule
Im Anschluss daran besuchten wir die Tom-Mutters-Schule. Dabei handelt es sich um eine Förderschule mit dem Schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung. Sie hat 41 Schüler*innen und ist eine verpflichtende Ganztagsschule. Die Klassen bestehen aus maximal 9 Schüler*innen, die von jeweils einer pädagogischen Fachkraft geleitet werden. Eine zweite Fachkraft unterstützt die Leitung. Die Schule deckt die Klassenstufen 1 – 12 ab. Großen Wert legt die Schule auf Mitsprache der Schüler*innen und auf Gemeinschaft.
Ein Problem entsteht durch die Lage in der Stadt. Es gibt wenig Platz, was zur Folge hat, dass der Pausenhof sehr klein ist. Um den Schüler*innen mehr Möglichkeiten zur Selbstentfaltung und Naturerfahrung zu geben, soll er in Zusammenarbeit mit dem Verein Naturspur e. V. umgestaltet werden. Allerdings bestehen auch viele weitere Probleme. Die Schule ist baulich in unhaltbarem Zustand und muss dringend saniert werden. Hier zeigt sich, wie an Bildung und Teilhabe gespart wird. Wie vielerorts lässt man Gebäude verfallen, was zu Lasten der Schüler*innen und Lehrkräfte geht. Es ist skandalös, dass diese Schule keine ausreichende Unterstützung seitens des Landes erhält, obwohl diese Menschen mit Behinderungen zustehen muss. Noch nicht einmal hygiensche COVID-19-Hilfen werden gewährt. Es muss dringend mehr Geld in Schulen und andere Bildungseinrichtungen investiert werden, um allen Kindern und Jugendlichen gute Bildung zu ermöglichen! DIE LINKE setzt sich auf Stadtebene für diese Schule ein und wird dieses Thema im Landtagswahlkampf auf die Tagesordnung bringen!
https://www.tom-mutters-schule.de/
Klimaschutzmanagement Frankenthal
Am Nachmittag stand das Thema Klimaschutz auf dem Programm. David Schwarzendahl, Katrin Werner und Cornelia Ernst trafen Anna-Catharina Eggers, die Klimaschutzmanagerin der Stadt Frankenthal, zum Gespräch. Die Stadt hat sich 2012 ein integriertes Klimaschutzkonzept gegeben. Es soll den CO2-Ausstoß verringern, die Energienutzung effizienter gestalten und den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen. Es umfasst öffentliche Liegenschaften, private Haushalte, Straßenbeleuchtung, Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Verkehr, Abwasser und Abfallwirtschaft. Zudem wurde schon 2009 ein Sanierungskonzept für 15 öffentliche Gebäude entwickelt. Damit sollen Verwaltungsgebäude, Sporthallen und Schulen energetisch saniert werden. Das Programm wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert. Das Gespräch mit Frau Eggers war sehr konstruktiv. Andere Kommunen können von Frankenthal lernen, denn Klimaschutz ist auch Kommunalsache. Wir setzen uns für den kommunalen Erfahrungsaustausch ein, auch über die Landesgrenzen hinweg.
Deutscher Gewerkschaftsbund Frankenthal
Um Klimawandel zu begrenzen ist die Energiewende notwendig. Sie geht mit einem Strukturwandel in vielen Wirtschaftsbereichen einher. Das hat Einfluss auf den Arbeitsmarkt. In verschiedenen Branchen und Regionen werden Stellen wegfallen, etwa in den Braunkohlerevieren. Bis 2050 werden voraussichtlich ca. 21.000 Erwerbstätige weniger im Bereich Erdgas/Erdöl/Kohle tätig sein. Eine Studie kam 2019 zu dem Ergebnis, dass jedoch insgesamt mehr Arbeitsplätze entstehen als verloren gehen. Um über diese Entwicklungen zu sprechen, trafen wir den DGB Stadtverband Frankenthal. In Frankenthal ist die Arbeitslosigkeit von Juli 2017 bis Juli 2020 von 1.612 auf 2.033 gestiegen. Die Unterbeschäftigungsquote ist im gleichen Zeitraum von 9,8 auf 10,8% gestiegen. In den Monaten April bis Juli 2020 war ein besonders starkes Anwachsen der Arbeitslosigkeit zu beobachten. Seit Mai sinkt auch die Zahl der gemeldeten Stellen kontinuierlich. Dieser Trend war schon vor der Pandemie zu erkennen, er hat sich aber in den letzten Monaten deutlich verstärkt. In Frankenthal sind unter anderem Zulieferer der Automobilindustrie ansässig. Es scheint fraglich, wie sich eine Klimawende auf diese Unternehmen auswirken wird.
In der Diskussion mit dem DGB wurde klar, dass die Arbeitswelt sich wandeln muss. Eine 4-Tage-Woche ist gesamtgesellschaftlich sinnvoll. Ein weiteres großes Thema war die Situation von Arbeitnehmer*innen während der Coronakrise. Zum einen darf die laufende Digitalisierung nicht zu Lasten der Arbeitnehmer*innen gehen, zum anderen brauchen wir die Möglichkeit eines gerechten Homeoffice. Die Lebensqualität darf im Homeoffice nicht verloren gehen. Deswegen fordern wir ein Recht auf Nichterreichbarkeit, denn der Arbeitsschutz gilt auch zu Hause.
Fridays for Future
Abends trafen David Schwarzendahl, Cornelia Ernst und Katrin Werner die Aktivist*innen von Fridays For Future Frankenthal. Die jungen Leute haben die Protestbewegung in die Pfalz gebracht. Sie zeigten großes Interesse an den politischen Entscheidungen. Unter anderem wurde über europäische Lösungen, z. B. den Green New Deal, gesprochen. Einstimmigkeit herrschte darin, dass trotz Corona nicht am Klimaschutz gespart werden darf. Es ist schön, dass viele junge Menschen sich politisch engagieren und für solch wichtige Ziele ihren Protest auf die Straße bringen.
Der Klimawandel geht nur mit einem Systemwandel. DIE LINKE steht an der Seite der Proteste.
Mittwoch: Marienthal und Altenkirchen
Klosterdorf Marienthal
Der Mittwoch begann mit einem Besuch im Klosterdorf Marienthal. Gemeinsam mit Jan Michael Krämer, der auf Listenplatz 10 für den Landtag kandidiert, Udo Quarz vom Kreisvorstand der LINKEN Altenkirchen und Martin Klein, Mitglied des Sprecher*innenrates der LINKEN im Westerwald, ging es in den kleinen Ort im Westerwald, der während der Pandemie auf sich aufmerksam gemacht hat. Marienthal hat 20 Einwohner*innen und fünf gastronomische Betriebe. Durch die Schließungen von Gaststätten haben viele Gastronomen sehr gelitten. In Marienthal haben sie während der Pandemie jedoch ein Kulturprogramm auf die Beine gestellt, das ihnen durch die Krise hilft. Unter Einhaltung der Abstand- und Hygieneregeln finden Konzerte und Lesungen statt. Dadurch ist der Ort zum Vorbild für andere geworden. Von den Hilfen des Bundes und des Landes ist jedoch kaum etwas in Marienthal angekommen. Für DIE LINKE steht fest: Tourismus, Gastronomie und Kultur dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Unter strengen Maßnahmen ist ein Stück Normalität möglich, denn Gaststätten und Kultureinrichtungen ermöglichen ein gesellschaftliches Miteinander. Wir dürfen sie nicht verlieren. Bund und Land müssen endlich mehr dafür tun, dass Gaststätten, Kultureinrichtungen und ein nachhaltiger Tourismus erhalten bleiben.
https://www.facebook.com/Klosterdorf-Marienthal-560227321033587/
Flüchtlingshilfe in Altenkirchen
Von Marienthal ging es weiter nach Altenkirchen. Dort stand ein Austausch mit verschiedenen Akteur*innen der Flüchtlingshilfe auf dem Programm. Die Engagierten berichteten von den Schwierigkeiten, mit denen Geflüchtete und Ehrenamtliche kämpfen: Busverbindungen sind so teuer, dass Geflüchtete sie sich nicht leisten können. Rentner*innen, die ehrenamtlich aktiv sind, fahren sie oft auf eigene Kosten zu Angeboten wie Sprachkursen. Die Flüchtlingsarbeit ist schlicht unterfinanziert. Darüber hinaus gibt es keine verlässliche Regelförderung für Programme, die geflüchteten Menschen helfen und das Ehrenamt stärken. Stattdessen müssen Fördermittel immer wieder neu beantragt werden. Das ist eine unnötige Mehrbelastung für Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind. DIE LINKE will das Ehrenamt und die Flüchtlingsarbeit stärken. Wir fordern eine tragfähige öffentliche Infrastruktur und den ticketlosen ÖPNV für alle, die hier leben. Betreuungs- und Integrationsmaßnahmen müssen mehr Geld erhalten, und zwar in Form beständiger Förderungen. Die Vernetzung zwischen den unterschiedlichen haupt- und ehrenamtlichen Akteur*innen und den Geflüchteten muss effektiv gestärkt werden.
Donnerstag: Koblenz und Trier
Amnesty International in Koblenz
Am Donnerstag, den 20.08.2020, fand vormittags ein Gespräch mit Amnesty International in Koblenz statt. Die LINKEN-Kandidat*innen für die Landtagswahl Melanie Wery-Sims (Listenplatz 2) und Tobias Christmann (Listenplatz 8), MdEP Cornelia Ernst sowie die Landesvorsitzenden Katrin Werner und Jochen Bülow trafen Vertreter der Menschenrechtsorganisation, Michael Engelhardt und Klaus Haars. Amnesty International fordert ebenfalls ein Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete. Außerdem tritt die Organisation für eine Landesstiftung für Menschenrechtsverteidiger*innen ein. Berlin und Hamburg haben solche Stiftungen bereits eingerichtet. Die Stiftung soll zeitlich befristete Stipendien gewähren. Mit diesen sollen bedrohte Aktivist*innen sich in Deutschland fortbilden und vernetzen können. Nach Ablauf des Stipendiums sollen sie ihre Tätigkeit im Herkunftsland mit internationaler Rückendeckung wieder aufnehmen. So könnte das Land Rheinland-Pfalz den internationalen Kampf um die Menschenrechte wirksam unterstützen. DIE LINKE befürwortet diese Forderung, denn Menschenrechte müssen überall verteidigt werden, vor Ort, auf EU-Ebene und international. Auch Rassismus und Polizeigewalt waren Gesprächsthemen. Rheinland-Pfalz gehört zwar zu den wenigen Bundesländern, die über eine Beschwerdestelle für Polizeigewalt verfügen. Jedoch ist das Ziel hier nur Vermittlung. Unabhängige Ermittlungen sind nicht vorgesehen. Das reicht nicht aus. Wir brauchen eine unabhängige Ermittlungsstelle, die mit den Kompetenzen, dem Personal und den Mitteln ausgestattet ist, um Vorwürfen gegen Polizei und Behörden nachgehen zu können.
Multikulturelles Zentrum Trier
Nachmittags ging es in Trier weiter. Gemeinsam mit Julian Theiß (Listenplatz 4) und Marc-Bernhard Gleißner, Vorsitzender der Linksfraktion im Trierer Stadtrat, besuchten Katrin Werner und Cornelia Ernst das Multikulturelle Zentrum. Das Multikulturelle Zentrum ist seit fast 30 Jahren ein wichtiger Anlaufpunkt für Geflüchtete in der Stadt. Hier werden Sprachkurse und Unterstützung in vielen Bereichen angeboten. An dem Gespräch nahmen Geflüchtete teil, die in der AfA in Trier untergebracht sind. Zwar wird auf eine Anfrageder LINKEN an die ADD hin das WLAN nachts nicht mehr abgeschaltet, jedoch herrschen in der AfA katastrophale Zustände, die dringend angegangen werden müssen. Die Bewohner*innen sprachen viele der Missstände an. Die Duschzeiten für rund 700 Menschen sind auf zwei Zeitfenster von je zwei Stunden am Tag begrenzt. Auf den Schutz von LGBTQ* wird keine Rücksicht genommen. Sanitäre Einrichtungen in ihren Unterkünften wurden geschlossen, um sie für die Corona-Isolierstation nutzen zu können. Die Isolierstation ist mittlerweile aufgelöst, jedoch bleiben Toiletten und Duschen gesperrt. Darum müssen LGBTQ* auch nachts das Gelände überqueren, um sanitäre Anlagen zu erreichen. Das Sicherheitspersonal ignoriert zudem häufig die Privatsphäre. So berichteten Bewohner*innen, dass Sicherheitsleute ohne anzuklopfen in die Zimmer platzen. Die Hygienebedingungen werden dadurch verschärft, dass es kaum geeignete Möglichkeiten gibt, Nahrungsmittel aufzubewahren. Familien erhalten ein Kühlschrankfach, andere Personen haben gar keine Möglichkeit Lebensmittel zu kühlen. Infolgedessen tritt immer wieder ein Insektenbefall auf. Die AfA schiebt diesen darauf, dass die Bewohner*innen nicht genügend putzten. Die Menschen klagen über mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten in der Einrichtung. Ihnen fehlen eine Struktur und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.
Es gibt kaum eine Möglichkeit, sich über die Missstände zu beschweren. Das Sozialbüro erscheint den Geflüchteten als desinteressiert oder sieht sich als nicht für ihre Probleme zuständig. Auch die rechtliche Lage wird immer schlimmer: Menschen müssen bis zu 18 Monaten in den Aufnahmeeinrichtungen ausharren. Und die Pandemie verschärft die Situation weiter. Wer die Einrichtung länger als 48 Stunden verlässt, muss in Quarantäne. Sorge macht den Bewohner*innen ein möglicher Covid-19-Ausbruch. Würde das geschehen, sehen sie die AfAs als völlig unzureichend gerüstet. Wir werden uns mit einem Brief an die AfA wenden, diese Missstände abzuschaffen. Des weiteren planen wir einen Besuch in der AfA. Grundsätzlich gilt es, möglichst dezentrale Unterbringung anzustreben, die Menschenwürde muss an erster Stelle stehen und wir brauchen deutlich mehr Geld für Integrationsmaßnahmen. Das europäische Gesetzesvorhaben, die Fluchtabwehr dadurch weiter zu verschärfen, dass Menschen außerhalb der EU schon ihre Asylanträge stellen müssen, wird, wenn es angenommen wird, das Grundrecht auf Asyl endgültig abschaffen. Wir werden auf allen Ebenen dagegen kämpfen!
https://de-de.facebook.com/multitrier/
Feministische Vernetzung Trier
Abends fand ein Treffen mit der Feministischen Vernetzung Trier im Queergarten statt. Die Gruppe hat sich vor kurzem gegründet und setzt sich für feministische Politik in der Stadt ein. Sie bietet Menschen unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Erfahrungen eine Plattform.
In der Corona-Krise drohen viele Errungenschaften für Frauen verloren zu gehen. So macht sich die unfaire Verteilung von Sorgearbeit im Homeoffice besonders bemerkbar. Häusliche Gewalt wurde durch die Isolation während des Lockdowns geschürt, während zugleich niedrigschwellige Hilfsangebote wegbrachen. Ein stärkerer Einsatz für die Gleichberechtigung und den Schutz vor Gewalt ist dringend notwendig. Rheinland-Pfalz muss die Infrastruktur an Frauenhäusern und anderen Hilfsangeboten deutlich ausbauen. Bundesweit gibt es zu wenige Plätze in diesen Einrichtungen und der Ausbau der Kapazitäten geht nur schleppend voran. Frauen werden im Durchschnitt immer noch schlechter bezahlt als Männer. Es muss endlich gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit gezahlt werden.
Nicht vergessen werden dürfen die Sexarbeiterinnen, die aufgrund der unterschiedlichsten und willkürlich festgelegten Regelungen ohne jede Unterstützung sind. Viele von ihnen sind ins Nichts gefallen, obdachlos geworden und Gewalt ausgesetzt. Es kann nicht sein, dass diese Personengruppe, insbesondere, wenn es sich um Menschen handelt, die aus Drittstaaten kommen, gänzlich durchs Raster fällt und die Regelungen von Bundesland zu Bundesland anders sind bzw. gegeneinander ausgespielt werden.
Die Versorgung hinsichtlich der reproduktiven Rechte ist ebenfalls katastrophal. Einerseits sind Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor schwer möglich. Dadurch, dass kaum Ärztinnen und Ärzte dafür ausgebildet werden, fehlt schlicht das Angebot. Andererseits werden Entbindungsstationen geschlossen, weil sie nicht profitabel sind. Teilweise müssen Frauen in Rheinland-Pfalz zur Entbindung Strecken von 40 Kilometern zurücklegen. Das soll durch Hebammenzentralen ausgeglichen werden. Jedoch gibt es bei weitem nicht genügend Hebammen und deren Arbeitsbedingungen sind schlecht. Zudem sind die Zentralen zwar sinnvoll und wichtig, jedoch können sie Entbindungsstationen nicht ersetzen. Durch die Ausrichtung des Gesundheitswesens an Maßstäben der Profitmaximierung lässt man Schwangere im Regen stehen. Wir brauchen dringend eine flächendeckende Versorgung durch Geburtshilfestationen und mehr Hebammen. Und es muss gewährt sein, dass Frauen, die eine Abtreibung vornehmen wollen, nicht erst nach Luxemburg fahren müssen.
Freitag: Kaiserslautern
Energieagentur Rheinland-Pfalz
Am Freitag erreichte die Sommertour in Kaiserslautern. Kim Brinkmann, Listenplatz 3 zur Landtagswahl, Lena Edel, Listenplatz 7 und Mitglied des Stadtrates in Kaiserslautern, Cornelia Ernst und Katrin Werner besuchten die Energieagentur Rheinland-Pfalz. Es stand also wieder der Klimaschutz auf dem Programm. Die Energieagentur berät und unterstützt Bürger*innen, Kommunen und Unternehmen bei Energiewende und Klimaschutz. Unter anderem betreibt sie Aufklärung über erneuerbare Energien, berät zu Fördermöglichkeiten und unterstützt Energiepat*innen in Städten und Gemeinden.
Im Gespräch mit Dagmar Schneider, Michael Hauer, Benjamin Herrmann und Elke Breuer zeigten sich viele Anknüpfungspunkte an das Gespräch mit Frau Eggers, der Klimaschutzmanagerin in Frankenthal. Die Energieagentur vernetzt das Klimaschutzmanagement in den Kommunen. Die kommunalen, Landes-, Bundes- und europäischen Einrichtungen, Programme und Strukturen zum Klimaschutz sollen zusammengebracht werden. Klimaschutz ist ein Querschnittsthema. Es betrifft alle politischen Ebenen und die verschiedensten Bereiche der Gesellschaft, von der Energieerzeugung über die Industrie, den Verkehr und Gebäudesanierungen bis hin zum privaten Energieverbrauch.
DIE LINKE tritt ein für das Konzept der Bürgerenergie. Die Bürgerenergie legte den Grundstein für die Energiewende und treibt eine dezentrale, konzernunabhängige und ökologische Energieerzeugung voran. Bürgerenergiegenossenschaften und kommunale Erzeuger erhöhen die gesellschaftliche Teilhabe vor Ort. Durch ihre lokale Verortung schaffen Bürgerenergieprojekte dort Wertschöpfung, wo erneuerbare Anlagen entstehen und sind auch deshalb bei der lokalen Bevölkerung breit akzeptiert. Es ist wichtig, den Klimawandel weiter zu bekämpfen. Durch die Corona-Krise droht dieses Thema aus dem Blick zu geraten. Das darf nicht geschehen.
https://www.energieagentur.rlp.de/
Vielfalter KL e. V.
Am Nachmittag fand ein Besuch beim Vielfalter KL e. V. statt. Ziel des Vereins ist es Kunst und Kultur und den interkulturellen Austausch in der Region Kaiserslautern zu fördern, sowie nichtkommerzielle, soziale und kulturelle Angebote zu schaffen. Mit seiner interkulturellen Arbeit engagiert sich der Verein für ein solidarisches Zusammenleben in der Stadt Kaiserslautern. Als Kulturverein und interkulturelles Café soll zukünftig ein zentraler Treffpunkt für unterschiedlichste Menschen und Kulturen in der Kaiserslauterer Innenstadt geschaffen werden. Geplant sind weiterhin Sprach- und Unterstützungsangebote als auch ein vielfältiges kulturelles Angebot. Der Vielfalter KL e.V. gründete sich 2017 aus dem Zusammenschluss des Kultur ohne Kommerz e.V. und dem Projekt Teachers on the Road KL.
Vereine wie der Vielfalter KL e. V. leben vom Engagement vieler Menschen, leiden aber oft sehr unter der Corona-Krise. Veranstaltungen können nicht stattfinden und Angebote müssen abgesagt werden. Darum sucht der Vielfalter noch weitere helfende Hände und wirbt um Spenden. Auch mit einer Mitgliedschaft kann der Vielfalter KL e. V. unterstützt werden. Eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst leben können, braucht solche Vereine und Initiativen. Nicht zu vergessen, dass diese oft die Arbeit übernehmen, die die Kommunen nicht leisten. Vereine, die so wichtige Arbeit leisten, wie Vielfalter KL e.V., müssen auch durch die Kommunen finanziell unterstützt werden. Auch sie sind systemrelevant!
Fazit
Die Reise durch unser Bundesland hat viele Erkenntnisse darüber gebracht, was Menschen in Rheinland-Pfalz bewegt. Wir haben einmal mehr Einblicke in die aktuellen Aufgaben und Probleme der Menschen und Organisationen erhalten, in die großen gesellschaftlichen Herausforderungen ebenso wie in die alltäglichen Kämpfe, die im Kleinen ausgetragen werden.
Wir nehmen die Impulse vieler Menschen mit in die kommenden politischen Debatten in den kommunalen Parlamenten, im Bundestag und im Europaparlament.
Wir werden für die Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl kämpfen, für bessere Lebensbedingungen für alle Menschen in Rheinland-Pfalz und für eine soziale und ökologische Wende in der Gesellschaft. Soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und eine offene und tolerante Gesellschaft ist für uns nicht verhandelbar.
In den anstehenden Wahlkämpfen und darüber hinaus wird DIE LINKE für diese Gesellschaft streiten, ob in den Parlamenten oder vor Ort an der Seite der Bürger*innen, ob in den Kommunen, in Land und Bund oder in Europa.