Katrin Werner: UN-Menschenrechtsempfehlungen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen umsetzen!

Umsetzung der Behindertenrechtskonvention

Katrin Werner, MdB

Hier geht es zum Video der Rede.

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Kolleginnen und Kollegen!

Am 5. Mai war der Europäischen Protesttag der Menschen mit Behinderungen.
Viele Protestaktionen fanden diese Woche statt und das jedes Jahr.

Heute zu später Stunde reden wir über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Und das leider nicht zur Kernzeit oder in einer aktuellen Stunde, sondern als einer der letzten Tagesordnungspunkt zum Antrag der Grünen.

Der Artikel 3 des Grundgesetztes garantiert die Gleichheit vor dem Gesetz für alle Menschen und verbietet Diskriminierung.

1949 bestand der Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes lediglich aus fünf Worten:
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“.
Menschen mit Behinderungen existierten im Grundgesetz damals noch nicht.

Vor 21 Jahren, wurde im Grundgesetz klargestellt, dass es keine Benachteiligung für Menschen mit Behinderungen geben darf.

Ich möchte es nochmal sagen:

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Und ich finde, die Aufnahme des Benachteiligungsverbotes ins Grundgesetz ist eine Bürgerrechtserklärung.

Die voll umfängliche Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland muss diesen Ansatz konsequent verfolgen.

Menschen mit Behinderung werden immer noch massiv an der gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehindert.

Wer auf persönliche Assistenz angewiesen ist, darf nicht mehr als 2600 Euro ansparen. Menschen mit Behinderungen leben teils in Sonderwelten, ihr Umfeld ist oft in keinster Weise barrierefrei.

Meine sehr geehrte Damen und Herren,
vor gut sechs Wochen verabschiedete der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Genf seine Empfehlungen zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland.

Wir begrüßen diese Empfehlungen sehr. Denn sie zeigen uns für Deutschland eins ganz deutlich:

Wir sind  immer noch meilenweit entfernt von einer inklusiven Gesellschaft, in der jeder Mensch selbstbestimmt und gleichberechtig teilhaben kann. Egal ob jung oder alt, egal ob mit Beeinträchtigung oder ohne, egal ob mit Migrationshintergrund oder ohne.

Es fehlt der Bundesregierung nach wie vor an einer Menschenrechtsperspektive.

In Genf waren die Antworten der Bundesregierung meist sehr unkonkret. Bei Themen der Entwicklungszusammenarbeit wurde keine einzige Frage beantwortet.

Würde die Regierung aus einem Menschenrechtsbewusstsein heraus agieren, würde sie die noch offenen Fragen des UN-Ausschusses endlich konkret beantworten.

Die LINKE sagt:

Wir brauchen, eine Neufassung der gesetzlichen Definition von Behinderungen als menschenrechtsbasiertes Modell.
 
Wir brauchen, bessere Maßnahmen um Mehrfachdiskriminierungen zu bekämpfen. Wir brauchen, einen besseren Gewaltschutz für Frauen mit Behinderung.

Wir brauchen, für alle Kinder und Jugendlichen Leistungen aus einer Hand und nicht von verschiedenen Ämtern.

Wir brauchen, ein inklusives Bildungssystem und einen inklusiven Arbeitsmarkt und keine Abschiebung in Sonderwelten, wie z.B. Werkstätten und Sonderschulen.

Wir brauchen eine Reform des Betreuungsrechts. Wir meinen, Menschen, die unter Betreuung stehen, brauchen unterstützende Entscheidungsfindung und keine ersetzende!

Wir brauchen eine gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich.

Wir brauchen die Abschaffung des Ausschlusses vom Wahlrecht für Menschen mit Betreuung in allen Angelegenheiten. Das Wahlrecht ist Bestandteil jeder Demokratie. Menschen vom Wahlrecht auszuschließen ist menschenrechtswidrig. Vielmehr brauchen wir hier ein barrierefreies Informationssystem.

In knapp 12 Monaten muss die Bundesregierung erneut darüber berichten, was sie zur Umsetzung der Empfehlungen unternommen hat. Die Hausaufgaben sind groß. Die ersten sechs Wochen sind verstrichen.
Geben Sie Ihr bestes und fangen morgen an!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.